Beispiel – Reise zu Stätten der Familiengeschichte

Im September 2003 organisierten wir eine einwöchige Reise für ein Ehepaar aus dem US-Staat New York. Wir machten wichtige Orte ihrer Familiengeschichte ausfindig, planten und organisierten die Reise mit allen Buchungen und suchten auch nach Spezialisten für jüdische vor Ort.
In Oberlangenstadt (Kreis Kronach) besuchten wir den Herkunftsort der Urgrossmutter (Vatermuttermutter) von Frau Abrams. Diese hatte in den Westerwald geheiratet, wo wir die Orte Mehring, Altenkirchen und Puderbach besuchten. In Mehring wurden Frau Abrams Grossmutter Else und deren Zwillingsbrüder Richard und Walter geboren. Überall wurden wir von Bürgern willkommen geheissen, die sich mit dem Judentum beschäftigen. So etwa von einer Dame, die uns zu den Stätten jüdischer Geschichte in Altenkirchen führte.
In Nordrach im Schwarzwald hatte die Grossmutter von Frau Abrams zuletzt als Wirtschafterin in einem jüdischen Heim gearbeitet und war von dort mit allen Kollegen und Patienten nach Auschwitz deportiert worden. Hier hatte sie also die letzten Monate ihres Lebens vor ihrer Ermordung verbracht, weshalb es zwar schwer, aber auch wichtig war, dorthin gereist zu sein.
Einen Regentag nutzten wir für die Analyse von Postkarten und Familienfotos, die Frau Abrams mitgebracht hatte. Die in deutscher Schrift geschriebenen Karten konnten wir anhand der Absendedaten und Poststempel chronologisch sortieren und hielten grob den Inhalt fest. Dies half, ein grosses Stück des Lebens der Grossmutter und ihrer Brüder nachzuzeichnen. Bei vielen Fotos gaben die Ortsangaben der Fotografen Hinweise zur Identifikation der Abgebildeten. Später führten wir eine vertiefte Analyse nach der Familienähnlichkeit durch und konnten anhand der uns zur Verfügung stehenden Datenbanken Verwandschaftszweige – etwa nach Kronach, Köln oder Hannover ausfindig machen. Den von uns angefertigten Stammbaum konnten wir auf diese Weise immer wieder erweitern.
Frau Abrams, die sich Jahrzehnte lang hatte nicht vorstellen können, einmal nach Deutschland zu reisen, war so angetan von dieser Fahrt, dass sie bereits ein Jahr später wiederkam und wir weitere Orte ihrer Familiengeschichte besuchten.
Edith Abrams hatte uns schon vor ihrer ersten Deutschlandreise als Antwort auf meine mitgeteilten Recherche-Ergebnisse geschrieben: "You are giving me a family. I will never be able to repay you".